Wie du Angenehmes mit Nützlichem verbinden kannst
Bist du auch so jemand, der ursprünglich wegen Animes und Mangas mit dem Japanischlernen begonnen hat? Oder zwischendurch auf dieses zeitintensive Hobby gestoßen ist?
Dann hast du dir sicher schon das eine oder andere Mal gedacht: Wäre es nicht super, wenn ich durchs Animeschauen Japanisch lernen könnte?
In diesem Blogartikel stelle ich dir einige Möglichkeiten vor, wie dir das Schauen von deinen Lieblingsanimes dabei helfen kann, besser Japanisch zu lernen. Zusätzlich erfährst du, worauf du bei dieser Lernvariante besonders achten solltest. Am Ende habe ich auch noch eine kleine Überraschung für dich vorbereitet, die dir besonders helfen wird, wenn du noch ein blutiger Anfänger der japanischen Sprache bist.
Was bringt dir also das Animeschauen, wenn du Japanisch lernst oder lernen möchtest? Lies weiter!
Das Hören wird ungemein geschult
Am besten lernst du Japanisch (und jede andere Sprache auch), wenn du dich so viel wie möglich mit ihr umgibst. Das ist natürlich außerhalb Japans nur begrenzt möglich. Animes kann man aber mit relativ wenig Aufwand fast überall schauen – gleiches gilt auch für japanische Dorama (Seifenopern, Drama, Sitcoms). Gerade am Anfang beim Japanischlernen ist es wichtig, dass du dich an die japanische Aussprache und Satzmelodie gewöhnst. Da hast du als Anime-Seher sicher den Vorteil auf deiner Seite. Bei meinen Crashkursen sind auch immer Leute dabei, die noch nie Animes auf Japanisch gesehen haben und wundern sich dann, wo die anderen (die regelmäßig Animes schauen) so viele Wörter her haben. Das heißt jetzt nicht, dass du jetzt auf Biegen und Brechen Animes schauen musst, wenn du sie nicht magst. Es gibt auch noch Filme, Lieder usw.
Erste Erfolgserlebnisse
Besonders motivierend ist es, wenn du deinen Lieblingsanime schaust und das ein oder andere Wort/Floskel/Satz verstehen kannst. Ich kann mich noch erinnern, wie ich damals bei Inuyasha nach und nach einzelne Wörter heraus gehört habe. Ich war soo happy! Je mehr Motivation du beim Japanischlernen hast, desto besser! Schau dir nach einiger Zeit (z.B. nach 1-2 Monaten) den Anime nochmal an – du wirst merken, dass du schon um einiges mehr verstehen kannst – vorausgesetzt, du lernst fleißig Japanisch :D. Ich habe damals Tonari no Totoro geschaut und war am Anfang noch ziemlich überfordert. Drei Monate später (damals war ich in einem Intensivkurs in Japan) habe ich mir das Ganze nochmal angesehen und war begeistert, dass ich schon so viel mehr verstehen kann. Mein größtes Erfolgserlebnis zum Beginn meiner Japanischlern-Karriere war, als ich in der Karaokebox alleine (über die Telefon-Gegensprechanlage) Getränke bestellen konnte – und auch das Bestellte gebracht wurde.
Wiederholen der Vokabeln
Wenn du schon am Japanischlernen bist, wirst du bereits bekannte Wörter leichter heraushören und dann schön langsam auch diverse Varianten (Vergangenheit, Verneinung, höfliche Form, Grundform usw.) aus dem Wortschwall herauspicken können. Grundsätzlich hilft es beim Vokabellernen sehr, die Wörter/Phrasen öfter zu hören, damit du sie dir besser einprägen kannst. Und im Anime hast du nicht nur das Wort alleine, sondern schön in einem Satz verpackt. So weißt du auch gleich, wie man das Wort verwenden kann. Noch mehr helfen würde es natürlich, wenn bei den Untertiteln auch das Japanischgesprochene dabeistehen würde. Dann würdest du aber wahrscheinlich wieder zu viel ablesen, statt zuzuhören. Die Balance zwischen Lesen der Untertitel und Zuhören ist wichtig. Am Besten ist es wirklich, wenn du dir die gleiche Episode öfter anhörst/anschaust – beim ersten Mal mit Untertitel, beim zweiten Mal eher versuchen, sich auf das Gesagte zu konzentrieren und beim dritten mal die Untertitel ganz wegzulassen.
Allgemeine Floskeln
Besonders für Floskeln und einfache Sätze zu Beginn deines Japanisch-Lern-Prozesses sind Animes ein Traum. Die Leute in Animes begrüßen sich meist sehr freundlich; wenn ein Austausch-Student kommt, stellt er sich vor usw; Szenen aus dem Familienleben aber auch aus der Arbeitswelt kommen vor. Eine wahre Schatzkiste an immer wieder kehrenden Floskeln. Für wichtige Begrüßungen, sich bedanken, Gesundheit wünschen usw. hol dir jetzt den Höflichkeitsfloskeln-Leitfaden inkl. Video und Aussprache.
Neue Vokabeln – Merkhilfen
So ganz nebenbei lernst du neue Wörter durch Techniken (Naruto), Namen (Naruto: die Namen haben fast alle etwas mit den Zutaten von Ramen zu tun; Dragon Ball: Saiyajin – Jin steht für Person vom Land Saya; wobei die Silben vom Wort Saiya umgedreht das Wort Yasai = Gemüse ergibt, und siehe da, Vegeta und Kakarott hören sich schon sehr gemüseartig an :D)… Japanische Namen haben meist auch eine Bedeutung. Siehe Natsu (von Fairy Tail) = Sommer, Yuki = Schnee, Haru = Frühling usw….
Verschiedenste Dialekte werden vorgestellt
In manchen Anime kommen Personen aus verschiedensten Gebieten Japans vor. Japan hat wie andere Länder auch, verschiedene Dialekte. Und das siehst/hörst du, weil sie andere Wörter, Betonung und Grammatikverwendung haben. Ob jedoch Leute aus Osaka wirklich einen Animechara aus Osaka nachsprechen oder nur jemand aus Tokyo, der darauf trainiert wurde (und dann einfach allgemein bekannte Wörter eben anders ausspricht) sei dahingestellt.
Frauen-Männersprache
Auch dieser Punkt ist mit Vorsicht zu genießen. Es gibt genug Mädchen in Anime, die über sich selbst mit „boku“ sprechen. Boku ist nämlich ein „ich“, das im normalen Leben nur jüngere Männer verwenden. Und pass auf, dass du dich nicht zu sehr an die Aussprache von Mädchen gewöhnst, wenn du ein Mann bist und gerne Anime siehst, wo viele niedliche Mädchen vorkommen. Wenn du dann nämlich so wie diese Mädchen sprichst, wirst du einige schräge Blicke einheimsen. Ich muss auch immer schauen, dass ich nicht zu männlich spreche, weil ich doch sehr viel mit meinem Mann auf Japanisch spreche und er halt nicht wie eine Frau spricht. Yeah, ich bin ein echtes Mannsweib!
Höflichkeitssprache
In manchen Anime gibt es eine „ojousama“ (お嬢様, junge Dame), die besonders höflich spricht – also sehr damenhaft. Interessant ist auch, wenn man den Unterschied zwischen der Dame und dem Diener heraushört bzw. wenn du beginnst, darauf zu achten. Oder wie der Verkäufer mit dem Kunden spricht. Oder der Chef mit seinen Angestellten. Oder der Lehrer mit dem Schüler und umgekehrt. Von den Ojousama’s würde ich etwas Abstand nehmen, aber Dialoge mit Kunde-Verkäufer sind meist sehr lebensnah und echt gestaltet.
Alles wunderbar beim Animeschauen?
Stell dir dazu mal folgende Frage: Spricht man in Japan wirklich so wie in Animes?
Und gleich dazu die Gegenfrage: Spricht man bei uns so, wie man in Sitcoms spricht? Oder in den übersetzten Animes? NEIN, nicht ganz. Natürlich heißt おはようございます (ohayou gozaimasu = guten Morgen) auch im normalen Leben so, aber keiner sagt die ganze Zeit „temee“ oder „kisama“ zu seinem Gegenüber, wenn er „du“ sagen möchte. Du sagst ja auch nicht zu jedem „du Lump“ (auf Wienerisch: Oida – oder doch?). Letzteres Wort (kisama) war übrigens zu alter Zeit (Edozeit) in seiner Ausgangsform eine sehr höfliche Variante, jemanden anzusprechen.
Was ist also beim Japanischlernen durch Animeschauen zu beachten?
Behalte folgende Punkte im Hinterkopf, wenn du Anime schaust:
Dialoge aus Animes sind nicht immer 1:1 auf das echte Leben übertragbar. Kein normaler Mensch wird nach jedem Satz ein „dattebayo“ dranhängen. Aber das weißt du ja eh ;) Je nachdem, wie fortgeschritten dein Japanisch ist, desto weniger wird es dir passieren, dass du Wörter lernst, die du lieber nicht verwenden solltest. Gerade am Anfang jedoch wirst du wahrscheinlich jedes einzelne Wort wie ein Schwamm aufsaugen, weil du so happy bist, dass du einzelne Wörter heraushörst oder sogar verstehst. Da kann es leicht mal passieren, dass du dir ein sehr „ungewöhnliches“ Japanisch anlernst. Vorsicht auch bei ausländischen Charakteren, die dann Japanisch sprechen. So stellen sich übrigens Japaner vor, wie englische Muttersprachler Japanisch sprechen. Und es hat doch gewisse Ähnlichkeiten.
Welche Anime solltest du schauen, damit dir möglichst wenig „komisches“ Japanisch unterkommt?
Grundsätzlich alles, das im normalen Leben spielt, ohne all zu viel „Supernatural“ oder Serien, die im Mittelalter spielen (ich liebe sie trotzdem heiß). Also Slice of Life, Sport u.ä. Ohne Charaktere, die besonders komische Endungen verwenden (und nochmal: bye bye Naruto – dattebayo) oder ein Setting haben, das im normalen Leben zu bizarr erscheint – damit die geliebte Schwester nicht sterben muss, machen die Protagonisten alles, was ein spezieller Hut in Pinguinform befielt… (Mawaru Penguindrum). Für „japanischlernen.at für gut befunden und freigegebene Animes“ geh auf meinen Blog und schau in der Kategorie „Anime/Manga“ nach.
Ich glaub, da brauch ich noch ein cooles Seal of Approval dafür.
Wie bekommst du am meisten raus beim Anime-Schauen?
Schreib dir neue Wörter/Floskeln auf und finde die Bedeutung und richtige Verwendung!!! heraus, bevor du das neu Gelernte anwendest. Es könnte ja zu casual oder unhöflich sein, um in einem normalen Gespräch verwendet zu werden. Oder noch schlimmer, du verwendest es im falschen Kontext. Das könnte leicht mal sauer aufstoßen. Vor allem, wenn du jemanden mit deinem Japanisch beeindrucken willst.
Am besten, du hast jemanden, den du solche Details fragen kannst, z.B. einen Native Speaker, der gut erklären kann (sodass du es verstehst) oder einen Japanischlehrer. Auch Wörterbücher können manchmal etwas in die Irre führen. Besonders dann, wenn sie nicht Japanisch-Japanisch Wörterbücher sind, also die Bedeutung nicht auf Japanisch erklärt wird. Die Verwendung eines solchen Wörterbuches ist aber wegen dem notwendigen Vokabular erst ab einem fortgeschrittenen Niveau möglich (ca. B1). Hilfreich sind auch Beispielsätze, wo das von dir gesuchte Wort verwendet wird. Sollte deine Wörterbuch-App (z.B. Akebi, Imiwa…) keinen Beispielsatz parat haben, geh einfach auf Google und gib das Wort (richtig geschrieben) ein und suche. Da bekommst du Unmengen an Beispielen – leider bringt dir das auch erst etwas ab einem etwas höheren Level. Du musst nämlich wissen, in welchem Kontext das Wort verwendet wird.
Mit Untertitel schauen oder ohne?
Der beste Weg wäre natürlich, sich das ganze mal mit Untertitel anzusehen, damit du weißt, worum es geht. Danach schaust du dir den Anime nochmal an, ohne Untertitel. Wenn du die Episode nicht gleich ohne Untertitel findest – kleb dir einfach einen Streifen Papier über den untern Teil vom Bildschirm.
Wo passt für dich Animeschauen rein beim Japanischlernen?
Ganz ehrlich, es ist auch vollkommen ok, wenn du dich nur entspannen willst, und dir ein paar Animefolgen reinziehst – hab ich auch gemacht bzw. mach ich noch immer. Du kannst dir ja trotzdem denken – zumindest schaue ich mir den Anime auf Japanisch an. Die Devise ist: dranbleiben am Japanischlernen. Und solange du kein absolutes Genie bist, das sich selbst Sprachen ohne Hilfe beibringen kann, wirst du mit Animeschauen ALLEINE nicht viel mehr als Floskeln lernen können. Aber in Verbindung mit anderen Materialien, Büchern, Kursen ist es die perfekte Ergänzung!
Animeschauen bringts!
Und mit Japanisch verstehst du die Anime dann einfach besser und auch die ganzen Hintergründe erschließen sich dir!
Plötzlich verstehst du, was das komische Zeichen auf den Vorhängen/Türen bei Chihiro’s Reise heißt (ゆ, yu, heißes Wasser). Oder warum Chihiro 千尋 plötzlich Sen heißt. Chi ist die japanische Lesung von Sen 千 (die Zahl 1000). Und da Yubaba (schau an, schon wieder das yu) ihr vom Namen ein Kanji wegnimmt, bleibt 千 alleine stehen und die Lesung ändert sich zu Sen.