Wie ich mir meinen eigenen Japaner geschnappt habe
Wie ich mir meinen eigenen Japaner geschnappt habeito-loidlWP2016-10-22T01:40:43+02:00
Wie ich meinen japanischen Mann kennen gelernt habe
Es war während meines Studiums in Japan, als ich einen Tandempartner zum Sprachaustausch suchte. Meine Dormitory-Kollegin und ich gaben ein Inserat online auf und erhielten ca. 100 Zuschriften. Die wenigsten davon waren wirklich auf Tandem aus, und vielleicht 2-3 Leute konnten schon ein bisschen Deutsch. Einer davon war mein zukünftiger Mann. Wobei ich zugeben muss, dass wir zu Anfang unserer (Lern)beziehung fast nur Englisch gesprochen und geschrieben haben. Wir trafen uns damals zum ersten Mal in Ikebukuro in einer Pizzeria.
Urheber: nancy10
Er war lieb und ein bisschen unbeholfen – aber eindeutig international ausgerichtet und nicht traditionell japanisch eingestellt (auch wenn man ihm seine japanische Herkunft und gewisse Denkweisen nicht abstreiten kann). Vor ihm hatte ich bereits einige andere japanische Bekanntschaften hinter mir. Was ich gelernt habe, ist, dass japanische Männer auf den ersten Blick relativ harmlos und brav daherkommen. Doch der Anschein trügt :D Weitere Infos zu diesem Thema in meinem Vortrag: Love and Presents in Japan.
Nicht jeder Japaner ist gleich
Für die Japaner, die ich kennen gelernt habe, war es übrigens ganz normal, für seinen Schatz 2 Stunden in eine Richtung zu fahren, um sie zu sehen – und das auch noch nach einem anstrengenden Arbeitstag. Anfangs wusste ich noch nicht, wo „mein Japaner“ wohnte und als ich ihn das erste Mal selbst besuchte, war ich ganz überrascht, dass er trotz so weiter Entfernung so oft zu mir ins Dormitory gekommen war.
Ein anderer war besonders stolz, dass er mir die Tür öffnete und mir den Vortritt lies – er sagte mir das auch. Ungefähr so: siehst du, ich bin ein richtiger Gentleman.
Ich kann sagen, dass ich einige interessante Begegnungen der japanischen Art hatte – manche davon waren mir eindeutig zu japanisch.
Zurück jedoch zu mir und meinem Mann. Als mein Studienjahr beendet war, besuchte ich ihn gleich darauf wieder zu Weihnachten und Neujahr – mein zweites japanisches Neujahr hintereinander. Und da wurde mir bewusst, wie ernst zumindest der Vater von ihm die Beziehung sah. Als mein Mann gerade dem Sake etwas zu viel gefröhnt hatte (Japaner sind bekannterweise etwas schwach beim Abbau des Alkoholgehaltes im Blut), kam sein Vater und holte mich zu sich in sein Zimmer. Und dann wurde es plötzlich hochernst, am Neujahrstag, dem wichtigsten Fest in Japan. Wir saßen da am Tatamiboden, als er mich ansah und fragte, wie es denn jetzt aussähe, wann wir heiraten würden. Ich und mein (noch nicht) Mann kannten uns zu dem Zeitpunkt gerade mal 1,5 Jahre. Daraufhin war ich erstmal sprachlos, so eine Frage hatte ich nicht, und besonders nicht vom Vater persönlich, erwartet. Gottseidank kam gerade zu dem Zeitpunkt die Person ins Zimmer, um die es ging – mein Zukünftiger und ich war erlöst von dieser Inquisition.
Apropos Inquisition: genau so eine darf man eigentlich besonders als Mann erwarten, wenn man die Familie seiner Angebeteten zum ersten Mal trifft. Ich war damals dabei, als der Freund der Schwester meines Mannes im Wohnzimmer saß – gemeinsam mit dem zukünftigen Schwiegervater. Das war natürlich gleich noch ein zusätzlicher Stressfaktor für den heiratsfreudigen jungen Mann – zusätzlich zum Herr im Haus noch eine Ausländerin dabei zu haben. In Japan ist es nämlich so, dass man seine Freundin bzw. seinen Freund eigentlich nur mit nach Hause nimmt, wenn man feste Absichten = Heirat hat. Ein gemeinsames Wohnen vor der Ehe ist verpönt. Genau das hatte ich aber mit meinem Mann gemacht – als ich im darauffolgenden Jahr für ein paar Monate in Japan arbeitete, wohnte ich mit ihm zusammen. Was das ganze einfacher machte – ich war eine Ausländerin und die damals zukünftigen Schwiegereltern waren sehr offen, was Ausländer angeht. Da hatte ich Glück gehabt – da kenne ich ganz andere Geschichten, wo der ausländische Partner nicht so willkommen war.
Darum prüfe, wer sich ewig bindet
Urheber: moonrise
Besagtes gemeinsames Wohnen war eine sehr positive Erfahrung, zumal wir nicht bei der Familie meines Mannes wohnten. Die Mutter hatte eine zusätzliche Wohnung, die wir verwenden konnten. Diese Wohnung hatte für zwei Personen eine wirklich angenehme Größe und war gut 10 Gehminunten vom Bahnhof entfernt. Wir hatten einen typischen japanischen Alltag – oder auch nicht. Typisch ist es in Japan sehr oft immer noch, zumindest, wenn man verheiratet ist, dass die Frau zu Hause bleibt und wenn schon welche da sind, auf die Kinder aufpasst. Teilzeitarbeit für Frauen, besonders wenn es eine etwas bessere Arbeit sein soll, ein Ding der Unmöglichkeit. Auch ist der Anteil an Frauen in höheren Positionen grundsätzlich sehr sehr gering – noch geringer als bei uns. Aber wie ich immer wieder gerne sage – schön laaangsam tut sich was. Nach und nach ist es auch in Japan angekommen, dass das Leben nicht nur aus Arbeit besteht. Sagen wir so (natürlich überspitzt formuliert): früher war es für den Mann 95 % Arbeit, 1 % Familie und 4 % Alkohol. Jetzt ist es einfacher, zu sagen, nein, heute gehe ich nicht zur Nomikai (Trinkparty, meist nach der Arbeit mit den Kollegen) mit, ich möchte Zeit mit der Familie verbringen.
Urheber suna
In damaliger Zeit und großteils auch heute noch, arbeiten Frauen nach der Uni 2-3 Jahre und finden dann sogar meist direkt in der gleichen Firma den Mann fürs Leben. Dann verlassen sie die Arbeit, um zu heiraten und eine Familie zu gründen. So hat die Firma zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen – der Mann ist noch fester an die Firma gebunden und MUSS nun noch mehr arbeiten, um seine Familie zu versorgen. Die Arbeitsstunden werden länger – viele arbeiten so lange, dass sie gerade noch mit dem letzten Zug / U-Bahn nach Hause kommen. Und diesen letzten Zug möchte ich keinem zumuten – ich durfte auch schon die besondere Erfahrung machen, in diese unvorstellbar überfüllten Züge einzusteigen. Wenn du glaubst, dass dieses Ritual, wo Bahnhofsmitarbeiter mit weißen Handschuhen (oh ja, die weißen Handschuhe sind sehr wichtig) die Passagiere in der Früh in den Zug stopfen, schon schlimm ist, hast du keine Vorstellung davon, wie sich der letzte Zug anfühlt. Und da bist du ja noch immer froh, dass du überhaupt noch reingekommen bist. Nachtbusse fahren in Japan sehr sehr selten bzw. sind dann eher Fernbusse, die dich zu einem sehr günstigen Preis z.B. von Tokyo nach Kyoto bringen. Die einzige Möglichkeit, die bleibt, ist dann ein Taxi oder sich woanders ein Quartier zu suchen – eine Karaokebox oder ein Mangacafé.
Nun, also zurück zu meinem alltäglichen Leben in Japan. Neben meinem Job besuchte ich zwei Mal pro Woche eine Japanischschule. Zu dem Zeitpunkt bereitete ich mich gerade für den JLPT N2 vor, den ich auch ohne Probleme gleich beim ersten Mal bestand.
My daily life in Japan
Meist kochte ich am Abend und wartete, bis mein Mann von der Arbeit zurückkam. Er bemühte sich, dass er bis um 10 Uhr abends wieder von der Arbeit zurück war. Manchmal holte ich ihn auch vom Bahnhof ab oder wir trafen uns irgendwo und hatten dann ein gemeinsames Abendessen auswärts. Ein paar Mal waren wir auch mit seinen Arbeitskollegen Karaokesingen – meine große Leidenschaft. Und zu meinem Glück war einer seiner Kollegen ein Animefan und schaute sich gerade die gleichen Animes an. Er war ganz überrascht, als ich den Opener Song eines aktuellen Animes trällerte :D.
Zu meinen Lieblingsrestaurants zählten zu dem Zeitpunkt Yaki-Niku (japanisches BBQ) und eine Tofu-Restaurantkette der etwas gehobeneren Art. Mein absoluter Favorit war aber ein Okonomiyaki-Restaurant mit dem Namen Tsukishima. Dort gab es auch so nette Kreationen wie Okonomiyaki Italian Style – diese stelle ich auch bei mir im Kochkurs vor.
Ansonsten hatten wir meist am Wochenende die Möglichkeit, gemeinsam Zeit miteinander zu verbringen. Wir machten verschiedenste Ausflüge. Z.B. nach Niigata, das bekannt für seinen Reis ist und auch für seinen Fisch, da es direkt am Meer liegt. Oder nach Nikko (da ist der Schrein von Tokugawa Ieyasu – einem berühmten Shogun, auch bekannt für die 3 Affen, wo sich je einer den Mund, die Augen und die Ohren zuhält), verbunden mit Utsunomiya, der Hauptstadt für Gyoza und einem Ausflug in eine Ninjastadt – bekannt auch als Edo Wonderland. Dort wird man in die alte Zeit zurückversetzt, als noch echte Ninja lebten. Dort durfte ich auch einen echten japanischen Bogen ausprobieren – ich habe es geliebt. Kyoto war natürlich auch am Plan – bisher war ich noch bei jedem meiner Japanaufenthalte, ob kurz oder lang mindestens einmal in Kyoto.
Und dann kam eines Tages der Antrag. Tja, was soll ich sagen – ich hab JA gesagt.